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Wie Banken und Fintechs KI sicher nutzen – in der Cloud oder On-Premises

Geschrieben von Alexander Eppenberger | 02.07.2025 11:36:31

KI-Technologien (Generative AI, Agentic AI) und -Lösungen verbreiten sich rasant. Wie jeder anderen Branche bringen sie auch dem Finanzwesen Vorteile, zum Beispiel für Mitarbeitende mit Kundenkontakt, das Middle- oder Back-Office sowie beim Softwareentwicklungsprozess der nächsten Generation. Hinzu kommt: Der Einsatz von KI verbessert nicht nur die betriebliche Effizienz, sondern auch das Nutzererlebnis.

Wie können Banken und Fintechs vom enormen Potenzial der KI profitieren, insbesondere in der Cloud, und zugleich bei den rechtlichen Anforderungen auf Nummer sicher gehen?

Hier finden Sie die Antwort, einschliesslich praktischer Anwendungsfälle, einem Leitfaden für die Einführung von KI in der Cloud bzw. On-Premises sowie Informationen darüber, wie Sie die Schweizer und EU-Vorschriften einhalten können.

Das strategische und operative Potenzial von KI    

Im Finanzwesen ist Effizienz der Schlüssel zum Erfolg – mehr als in jeder anderen Branche. Betrachten wir das Thema KI zunächst aus drei verschiedenen Perspektiven: Enabler, operative und strategische Aspekte.

Business Enabler GenAI und Agentic AI    

Neue Technologien wirken sich massiv auf die heutigen Geschäftsmodelle aus. Dies gilt insbesondere für generative KI (GenAI) – eine Art künstliche Intelligenz, die neue Inhalte erstellt – und agentenbasierte KI-Lösungen (Agentic AI), also Business Enabler, die Entscheidungen treffen und Prozesse mit einem hohen Grad an Automatisierung unterstützen.

Verschiedene Studien liefern eine breite Palette von Anwendungsfällen, wie Banken und Fintechs die Vorteile von GenAI und Agentic AI nutzen können. Bei einer strukturierten Analyse der gesamten Wertschöpfungskette einer Bank sind im Allgemeinen zwei Dimensionen von Bedeutung: die strategische und die operative Ebene.

Vereinfachte Wertschöpfungskette einer Bank

Das Geschäftsmodell und die darauf aufbauenden Säulen können sich unterscheiden je nach Art der Bank (Privatkundengeschäft, Vermögensverwaltung, FinTech usw.), deren strategischer Ausrichtung auf das Dienstleistungs- und Produktangebot sowie das Zielkundensegment.

So konzentriert sich beispielsweise eine kleine Kantonalbank eher auf Schweizer Privatkunden als auf das Portfoliomanagement oder Back-Office-Aktivitäten. Sie könnte GenAI daher nutzen, um den Zahlungsverkehr effizienter zu gestalten.

Strategischer Fokus

 Strategischer Fokus 
   Wo KI unterstützt  Vorteile
Wachstum Erkennt Wachstumsbereiche im Client Lifecycle Management 
  • Optimiert Berührungspunkte mit Kunden und erhöht deren Zufriedenheit
Effizienz Stellt zusätzliche Kommunikationskanäle bereit für die Kundeninteraktion 
  • Erlaubt es dank Self-Service-Portalen, Prozesse auszulagern / zu automatisieren
  • Beschleunigt Supportprozesse mittels virtueller Assistenten 
Risikomanagement

Unterstützt die Einhaltung regulatorischer Vorgaben

  • Vermeidet Unregelmässigkeiten dank automatisierten KYC-Überprüfungen, AML-Monitoring und Betrugserkennung 

Wachstum
Indem GenAI-Lösungen das Potenzial von Daten aus internen und externen Quellen nutzen, helfen sie, Wachstumsbereiche zu erkennen: im Client Lifecycle Management (neue Kunden finden und gewinnen, bestehende Kunden halten), in der Kundeninteraktion (Cross/Upselling, Verhaltensanalyse, Abwanderungsprävention, Omnichannel-Analyse), in der Kundensegmentierung der nächsten Generation und im Produktmanagement (Produktentwicklung, Produktpreisgestaltung, Rabattmanagement).

Vorteil

  • All diese Berührungspunkte lassen sich mit intelligenten GenAI-Tools kanalübergreifend optimieren, was die Kundenzufriedenheit und das Vertrauen der Nutzenden/Mitarbeitenden erhöht. Das Ergebnis: eine steigende Nachfrage und ein wachsendes Geschäft.

 

Effizienz
Neben dem Wachstum ist in der Finanzbranche die Verbesserung der Effizienz entscheidend, wenn es um die Optimierung des Kosten-Ertrags-Verhältnisses und des Shareholder Value geht. Neue Technologien bieten zusätzliche Kommunikationskanäle für die Kundeninteraktion. 

Vorteile

  •  Neue Kanäle ermöglichen es den Kunden, Informationen nach dem Self-Service-Prinzip zu nutzen und bereitzustellen. Bestimmte Tätigkeiten entlang der Wertschöpfungskette werden auf diese Weise ausgelagert und Prozesse automatisiert.
  •  Virtuelle Assistenten wie Co-Pilots, Concierge-Dienste, Chat-/Voicebots oder intelligente Tools für die Dokumentenverarbeitung tragen dazu bei, unterstützende Prozesse mit geringem Wert zu beschleunigen, was zu einer höheren Genauigkeit bei geringeren Kosten führt

 

Risikomanagement
Die hohen Risikomanagement- und Compliance-Standards, die von den Regierungs- und den Aufsichtsbehörden festgelegt werden, beeinflussen die Verfahren und Prozesse von Banken und Fintechs enorm.

Vorteil

  • Eine hochgradig automatisierte Lösung für periodische KYC-Überprüfungen, AML-Überwachung und die allgemeine Erkennung von Anomalien und Betrug hilft, Unregelmässigkeiten zu vermeiden, die normalerweise bei aufsichtsrechtlichen Prüfungen entdeckt werden, und die Anforderungen der FINMA zu erfüllen.

 

Sobald sie ihre strategische Ausrichtung festgelegt haben, sollten sich Banken und Fintechs mit der Umsetzung auf operativer Ebene befassen. 

 Operativer Fokus

 Operativer Fokus 
   Wo KI unterstützt  Vorteile
Externe Nutzende Optimiert den Informationsfluss zwischen Anbieter und Kunde 
  • Steigert die Effizienz dank automatisierten Aufgaben und Self-Service Tools 
  • Findet bestimmte Informationen einfacher dank Chat-your-Data-Funktion 
Interne Nutzende Führt zu zu schnelleren Reaktionszeiten und unterstützt die Einhaltung von Vorgaben 
  • Entlastet Mitarbeitende; sie konzentrieren sich auf Aufgaben mit Mehrwert 
  • Findet bestehende Inhalte und Informationen einfacher
  • Ermöglicht Mitarbeitenden in Support-Funktionen einen tieferen Einblick (z.B. KYC)  

Externe Nutzende
Von aussen betrachtet sind die Kommunikationskanäle der zentrale Ort, an dem der Informationsfluss erzeugt wird und an dem sich die KI-Technologie direkt auf die Kundenzufriedenheit auswirkt. Typische Beispiele sind E- und Mobile-Banking-Lösungen, aber auch die Unterstützung bei der Bearbeitung von Anfragen in Contact Centern durch Chatbots und Voicebots, z.B. zur Kundenidentifikation oder zum Zurücksetzen von Passwörtern. 

Vorteile

  • Bei Anfragen mit hohem Volumen und geringer Komplexität sind automatisierte Arbeitsabläufe in Kombination mit Self-Service Tools erfahrungsgemäss am besten geeignet, um die Effizienz und in bestimmten Fällen die Kundenzufriedenheit zu steigern.
  • Für das Produkt-Scouting und die Abfrage bankenspezifischer Informationen unterstützt eine Chat-your-Data-Funktion die Marktforschung und stellt sicher, dass die ausgewählten Anlageprodukte keine ungewünschten Basiswerte enthalten.

 

Interne Nutzende
Aus interner Sicht erleichtert die Bereitstellung von GenAI-Lösungen Mitarbeitenden die Recherche, die Dokumentation und das Reporting von Informationen. So führen beispielsweise eine Chat-your-Data-Funktion, ein RM-Assistent als Co-Pilot oder die Überprüfung von Daten zu einer schnelleren Reaktionszeit und Lösung von Problemen. Darüber hinaus verbessern die automatisierte Überprüfung der Unternehmensrichtlinien und sofortige Datenchecks die Compliance von Banken und Fintechs.

Vorteile

  • Erfahrene Mitarbeitende erledigen ihre Routineaufgaben effizienter, so dass sie mehr Zeit und Ressourcen in wertschöpfende Tätigkeiten investieren können.
  • Das Auffinden vorhandener Inhalte und das Zusammentragen der benötigten Informationen erfolgt schneller.
  • Mitarbeitende in unterstützenden Funktionen wie Marketing, HR oder Compliance können tiefere Einblicke gewinnen und/oder Informationen mit öffentlich zugänglichen Daten validieren und hinterfragen (z.B. KYC-Screening, Vorbereitung auf Kundengespräche).

Von der Vision zur Geschäftschance 

Mit einem strukturierten Ansatz, der diverse Aspekte der Wertschöpfungskette abdeckt und einen tiefen Einblick in die strategische und operative Dimension bietet, kann eine Bank spezifische Anwendungsfälle ermitteln. Indem sie den erwarteten Mehrwert (geschäftliche Auswirkungen) und die Machbarkeit (technische Durchführbarkeit) pro Anwendungsfall berücksichtigt, kann sie KI-bezogene Initiativen priorisieren. 

Sobald eine auf die Unternehmensvision abgestimmte Roadmap erstellt wurde, gibt es ein paar wichtige Punkte zu beachten, bevor die KI-Implementierung startet. 

6 Schlüsselfaktoren bei der Nutzung von KI-Tools

Nutzen Banken oder Fintechs KI-Tools für Arbeitsabläufe und geschäftliche Aktivitäten, können sie die Effizienz und die Qualität der Entscheidungsfindung erheblich verbessern. Es gibt jedoch zusätzliche Faktoren, die in sechs zentralen Bereichen zu berücksichtigen sind: Compliance, technische und organisatorische Herausforderungen, Risikobeurteilung, das passende LLM, Transparenz und Zustimmung von Nutzer/Mitarbeiter/Kunden.

  1. Compliance


    Beim Einsatz von KI-Tools muss sichergestellt werden, dass sie den geltenden Bestimmungen wie dem Datenschutzgesetz (z.B. EU-DSGVO, Schweizer DSG), branchenspezifischen (z.B. im Finanz- oder Gesundheitswesen) sowie neuen Gesetzen wie das EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz entsprechen. Diese verlangen einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten, Transparenz, Nicht-Diskriminierung und Rechenschaftspflicht. Die Einhaltung von Vorschriften verringert nicht nur rechtliche und Reputationsrisiken, sondern fördert auch die ethische Nutzung von KI und stärkt das Vertrauen von Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden. Regelmässige Audits, Dokumentation und klare Governance-Strukturen sind der Schlüssel zur Aufrechterhaltung der Compliance während des gesamten KI-Lebenszyklus.

  2. Technische und organisatorische Herausforderungen


    Aus technischer Sicht ist für den Einsatz von KI-Tools eine leistungsfähige Infrastruktur erforderlich, die sicherstellt, dass die Systeme den Rechenbedarf bewältigen können – unabhängig davon, ob sie lokal («On-Premises») oder in der Cloud gehostet werden

    Aus organisatorischer Sicht sollte ein angemessener Governance-Rahmen vorhanden sein, der auch die Rechenschaftspflicht für KI-bezogene Aktivitäten umfasst. Die KI-Schulung der Mitarbeitenden hat hohe Priorität, um die Lücke zwischen technischer Komplexität und praktischer Nutzung der Technologie zu schliessen. Mit anderen Worten: Die Bank oder das Fintech muss bereit sein, einen Kulturwandel zu vollziehen.  

  3. Risikobeurteilung


    Eine gründliche Risikobeurteilung ist entscheidend für die erfolgreiche Implementierung von KI. Einfliessen sollten unter anderem Datenverzerrungen, Sicherheitslücken und das Vorgehen im Falle eines Modellfehlers. Banken und Fintechs sollten Taktiken zur Risikominderung entwickeln. Das können regelmässige Audits, Red-Teaming-Aktivitäten zur Ermittlung von Schwachstellen oder Auslöser für die Wiederherstellung nach Systemausfällen sein. Um Datenschutzrisiken zu beurteilen, muss eine Bank möglicherweise eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) durchführen. 

    Eine DSFA ist ein Instrument, das verantwortliche Controller und Verarbeiter von Daten einsetzen, um Risiken im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten zu ermitteln, zu bewerten und zu mindern. Sie ist zwingend vorgeschrieben, wenn die Datenverarbeitung wahrscheinlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat – insbesondere wenn die Verarbeitung deren Privatsphäre, Persönlichkeit oder Grundrechte beeinträchtigen kann (Art. 35 DSGVO und Art. 22 DSG).

    Hohe Risiken können sich aus dem Einsatz neuer Technologien wie der KI ergeben oder aus der Art, dem Umfang, dem Kontext oder dem Zweck der Verarbeitung. Die DSFA ermöglicht es, den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz bereits in einem frühen Stadium des Projektzyklus zu berücksichtigen, wodurch es einfacher und kostengünstiger wird, Probleme zu lösen, bevor sie eskalieren.  

  4. Das passende Large Language Model


    Bei der Auswahl eines Large Language Model (LLM)  ist es entscheidend, dass dieses den Erwartungen der Bank oder des Fintechs entspricht. Je nachdem, wie das Modell eingesetzt werden soll, sind Aspekte wie Grösse, Trainingsdatensatz, Feinabstimmung und Kosten zu berücksichtigen. So kann beispielsweise ein kleineres, fein abgestimmtes LLM bei einer genau definierten Aufgabe besser abschneiden, während grössere Allzweckmodelle für Aufgaben mit mehr Flexibilität für eine Reihe von Anwendungen besser geeignet sind. Weiter sollte darauf geachtet werden, ob das Modell ethischen KI-Grundsätzen folgt und ob es Methoden zur Verhinderung von Missbrauch einsetzt.

  5. Transparenz


    Banken und Fintechs müssen jederzeit für Transparenz sorgen, damit die Stakeholder ihnen vertrauen und sie für alle Entscheidungen, die auf einem KI-Modell basieren, zur Rechenschaft ziehen können, insbesondere bei agentenbasierten KI-Lösungen. Dabei geht es darum, das Modell erklärbar und verständlich zu machen, speziell für sicherheitskritische Tätigkeiten wie im Gesundheitswesen oder im Finanzwesen. Der Aufbau des Modells, seine Grenzen und die Mittel zur Korrektur von Verzerrungen sollten klar dokumentiert werden. 

  6. Zustimmung von Nutzenden, Mitarbeitenden und Kunden


    Neben der Transparenz ist die Einholung der Zustimmung der Nutzenden (extern: Kunden, intern: Mitarbeitende) in bestimmten Rechtsordnungen wie der Schweiz und der EU sowie in bestimmten Fällen vorgeschrieben. Setzen Banken und Fintechs KI-Tools ein, z.B. für die Profilerstellung und die automatisierte Entscheidungsfindung (Agentic AI), müssen sie die Zustimmung zur Verarbeitung sensibler Daten einholen.  

Die KI dank einer ganzheitlichen Sicht optimal nutzen
Die Einführung von KI-Tools wird oft als einfache technologische Implementierung betrachtet. Es handelt sich jedoch um ein multidimensionales Unterfangen. Durch die Berücksichtigung der sechs oben beschriebenen Faktoren haben Banken und Fintechs die Möglichkeit, die Vorteile von KI zu nutzen und gleichzeitig die Risiken zu minimieren und Vertrauen aufzubauen.Dieser integrierte Ansatz ermöglicht es ihnen, die KI als Mittel zur Innovation zu nutzen.

KI einführen, ganz praktisch

Im Bankensektor besteht ein grosser Bedarf, IT-Systemlandschaften zu modernisieren, d.h. weg von einem monolithischen Ansatz und der vom Kernbankensystem bereitgestellten Funktionalität hin zu einem modulareren Bankenkonzept. Im Idealfall besteht der Kern aus grundlegenden Bankfunktionen, die mit einem System Integration Layer und mit den besten Anwendungen von Drittanbietern ergänzt werden. Das Dilemma liegt hier auf der Hand: individuelle oder Standardlösung?

Dasselbe Dilemma ergibt sich bei der KI.

Standard- oder individuelle Lösung?

Wer sich für eine massgeschneiderte anstatt eine standardisierte KI- und Cloud-Infrastruktur-Lösung entscheidet, behält nicht nur die Kontrolle über kritische Daten, sondern erhöht auch seine Agilität und Innovationsfähigkeit. Wir zeigen, wie Sie eine individuelle Lösung erfolgreich einführen und konkrete Ergebnisse erzielen.

Lösung
  Individuell Standardisiert
Vorteile
  • Kontrolle über Daten behalten 
  • Sicherheits- und regulatorische Vorgaben erfüllen 
  • An veränderte Bedürfnisse anpassen 
  • Innovationsfähigkeit erhöhen 
  • Abhängigkeit von SaaS-Providern verringern 
  • Sich vom Markt abheben
  • Einfach zu integrieren, inkl. GenAI 
  • TCO langfristig niedriger
  • Sofort einsatzbereit
  • Auf Best Practices und Kundenerfahrung abgestützt
  • Einfacher zu nutzen für Personen ohne technischen Hintergrund 
Nachteile
  • Anfangskosten 
  • Beschaffungsprozess
  • Zeitaufwand bei grossen Anpassungen von Schnittstellen

Die passende Cloud-Technologie als Grundlage

KI wird breit und intensiv diskutiert. Viele Banken und Fintechs wollen daher schnell loslegen. Doch ein übereilter Start kann sich später rächen: mit einer fragmentierten Systemlandschaft, Doppelspurigkeiten und hohen Kosten. Besonders die Wahl der Cloud-Technologie lässt sich später nur mit grossem Aufwand korrigieren, da zwar alle bekannten Anbieter ähnliche, aber nicht identische Umgebungen und Services bereitstellen. Deshalb lohnt es sich, von Anfang an die richtige Architektur und den darauf aufzubauenden Technologie-Stack zu bestimmen und zu evaluieren.

Ist das geschafft, gehen Sie Schritt für Schritt vor:

  1. Klären Sie, ob bereits eine Cloud-Strategie vorliegt
    Ist das der Fall, sollte darauf aufgebaut werden. Fehlt sie, heisst das nicht, dass Sie warten müssen. Erfahrungen mit einem Proof of Concept zu sammeln, ist ein wichtiger Schritt. Deshalb dürfen erste Cloud- oder KI-Projekte ruhig starten. Sie sollten aber nicht in geschäftskritischen Bereichen erfolgen. Ein gutes Beispiel ist ein interner digitaler Assistent, der Fragen beantwortet. So können Sie erste Erfahrungen sammeln, während parallel dazu die Cloud-Strategie entwickelt wird.

  2. Wählen Sie die richtige Cloud-Deployment-Option

    Eine zentrale Frage der Cloud-Strategie lautet: Welche Cloud-Optionen und -Services passen zu uns? Und wie kombinieren wir bei Bedarf Public Cloud, Private Cloud und lokale Systeme (On-Premises) zu einer hybriden Systemlandschaft? 

    Ausschlaggebend sind Sicherheitsanforderungen und der Anspruch an Kontrolle über System, Daten und beim Einsatz von generativer KI über die LLMs. Alle Cloud-Optionen lassen sich grundsätzlich mit verschiedenen LLMs erweitern. In der Public oder Private Cloud stellen Anbieter diese Modelle direkt bereit. Bei einer On-Premises-Lösung kommt meist ein sogenanntes Open-Weight-Modell zum Einsatz, etwa Llama von Meta oder Mistral. Diese Modelle können heruntergeladen, feingetunt und in der eigenen Infrastruktur ausgeführt werden. Für den erwähnten digitalen Assistenten, der interne Fragen beantwortet, kann ein On-Premises- oder Private-Cloud-Ansatz sinnvoll sein, vor allem wenn es um besonders vertrauliche Daten geht.

  3. Gewährleisten Sie Agilität, Datenkontrolle und IP-Besitz

    Die Märkte und Kundenbedürfnisse ändern sich ständig. Darum müssen Banken und Fintechs flexibel sein und schnell handeln können. Wer sich von der Konkurrenz abheben will, braucht mehr als eine Standardlösung. Denn wer die gleichen Tools einsetzt wie alle anderen, betreibt eher «Jekami» als echte Differenzierung. 

    Eine individualisierte Cloud-Lösung bietet hier Vorteile. Sie stellt sicher, dass hohe Enterprise-Anforderungen an Sicherheit und Compliance erfüllt werden. Sie ermöglicht zudem, dass sich die Lösung der Bank anpasst – und nicht umgekehrt. Die Cloud-Lösung kann darüber hinaus modular erweitert und flexibel skaliert werden. Wer sich für diesen Weg entscheidet, gestaltet seine eigene Roadmap und verringert die Abhängigkeit von SaaS-Anbietern, die auch Mitbewerber bedienen. Ein weiterer Vorteil einer individuell entwickelten Lösung in einer Private Cloud ist die erhöhte Kontrolle über die eigenen Daten. Je nach gewählter Cloud-Variante werden diese nicht an Dritte weitergegeben. Bei einer On-Premises-Lösung bleiben sie sogar vollständig auf der kontrollierbaren Infrastruktur.

  4. Legen Sie den Schwerpunkt auf eine nahtlose Integration 

    Banken und Fintechs setzen meist bereits auf verschiedene Systeme, Provider und Lösungen. Deshalb ist es entscheidend, dass sich neue Anwendungen nahtlos in die bestehende Umgebung integrieren lassen. SaaS-Lösungen stossen hier oft an ihre Grenzen. Eine individuell entwickelte Lösung lässt sich – passende Schnittstellen vorausgesetzt – meist deutlich besser einbinden.

    Eine Cloud-Lösung hilft weiter, die vorhandenen Ressourcen effizienter zu nutzen. Das gilt nicht nur für technische, sondern auch für personelle und administrative Ressourcen. Wenn eine Bank bereits eine Cloud-Plattform nutzt, braucht es keine neuen Verträge mit neuen Lieferanten. Das spart Zeit, denn die Prüfung und die Zulassung neuer Anbieter können im Enterprise-Umfeld mehrere Monate dauern. Interne Teams, die bereits mit der gewählten Cloud-Umgebung vertraut sind, können eigene Lösungen entwickeln, sodass sich die Time-to-Market erheblich verkürzt. Und wenn ein externer Implementierungspartner unterstützt, sind diese Teams in der Lage, den Betrieb und die Weiterentwicklung vorzugsweise mittels DevOps-Ansatz später selbst zu übernehmen.

  5. Führen Sie eine Kosten-Nutzen-Analyse durch
    Bei einem Blick auf die erforderlichen Investitionen stechen die initialen Kosten bei der Eigenentwicklung heraus. Diese können im ersten Jahr rund 20 bis 40 Prozent höher sein als bei einer Standardlösung. Längerfristig sieht das Bild jedoch anders aus: Die Total Cost of Ownership (TCO) ist oft tiefer, da keine laufenden SaaS-Gebühren anfallen. Stattdessen werden nur die tatsächlich genutzten Cloud-Ressourcen verrechnet.

  6. Schaffen Sie ein Gleichgewicht zwischen Wissen und Abhängigkeit
    In einem wettbewerbsintensiven Umfeld ist es entscheidend, schnell am Markt zu sein. Eine SaaS-Lösung ist oft sofort einsatzbereit und hat dadurch einen zeitlichen Vorteil gegenüber einer massgeschneiderten Lösung, die zuerst entwickelt werden muss. Dieser Vorsprung kann aber verloren gehen, wenn ein aufwändiger Beschaffungsprozess für eine neue Lieferantenbeziehung oder grössere Anpassungen an Schnittstellen und Workflows nötig sind.

    Während in eine SaaS-Lösung Erfahrungen anderer Kunden und Best Practices einfliessen, kann eine Custom-Lösung mit dieser Breite an Erfahrungen unter Umständen nicht mithalten. Abhilfe kann ein erfahrener Implementierungspartner schaffen, der diese Perspektive und Erfahrungen aus anderen Projekten einbringt.

    Anwendende ohne technischen Hintergrund können mit einer SaaS-Lösung meist ohne Vorwissen und mit geringem Aufwand ein Ziel erreichen. Bei einer individuellen Lösung bleibt der Bedarf bestehen, für Anpassungen auf die IT oder einen externen Dienstleister zurückzugreifen. In der Praxis braucht allerdings auch jede SaaS ihre internen Expertinnen und Experten. Dieses Wissen muss ebenso erst aufgebaut werden, womit wiederum interne Bottlenecks drohen, wenn diese Personen überlastet sind.

Das Tempo der KI-Entwicklungen bleibt hoch. Schritt zu halten oder den Mitbewerbern voraus zu sein, wird eine Schlüsselkompetenz von Banken und Fintechs. Um sich nicht planlos ins Abenteuer zu stürzen, braucht es eine auf lange Sicht ausgelegte und durchdachte Cloud- und KI-Strategie. Ein wichtiger Teil davon ist die Compliance, d.h. die Einhaltung regulatorischer Vorgaben. 

Nachfolgend die wichtigsten Informationen zur KI-Regulierung in der Schweiz und in der EU im Überblick.

Regulierung der KI in der Schweiz und in der EU

Die Europäische Union (EU) und die Schweiz verfolgen bei der Regulierung der KI grundsätzlich die gleichen Ziele. Der Ansatz beider Rechtsgebiete zielt auf den Schutz der Grundrechte ab sowie auf den vertrauenswürdigen und verantwortungsvollen Einsatz von KI-Technologien. Obwohl die EU und die Schweiz die gleichen Ziele verfolgen, bestehen gewisse Unterschiede zwischen den beiden Regelwerken in Bezug auf die rechtliche Struktur, die Durchsetzung und die strategische Ausrichtung.

KI-Regulierung: die Schweiz und die EU im Vergleich

Die Schweiz verfolgt einen zurückhaltenderen und innovativeren Ansatz als die EU. Aktuell kennt sie keine spezifischen Rechtsvorschriften für die KI. Der Bundesrat hat beschlossen, sich auf die bestehenden Gesetzgebungen zu stützen, namentlich das Schweizer Datenschutzgesetz, das Informationssicherheitsgesetz, das Produktesicherheitsgesetz, das Designgesetz, das Markenschutzgesetz und das Obligationenrecht. Die Schweiz will die risikobasierte Argumentation der EU zwar übernehmen, aber in ihren Vorschriften grosszügiger und innovationsfördernd sein. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf «Soft Law», Leitlinien, Standards und Selbstregulierung der Industrie. 

Bestehende Institutionen (Staatssekretariat für Wirtschaft/SECO, Bundesamt für Kommunikation/BAKOM usw.) können bei Bedarf Massnahmen zur Regulierung der KI ergreifen.

Zu Regulierungszwecken zielt die EU-Gesetzgebung direkt auf KI-Systeme ab, da sie versucht, einen kohärenten Rahmen für den Markt zu schaffen. Die Schweiz unterstreicht die Verantwortung der Nutzenden und die sozialen Auswirkungen, indem sie einen dezentralen Regulierungsansatz verfolgt. Obwohl die Schweiz kein formelles System zur Risikoeinstufung geschaffen hat, anerkennt der Bundesrat die Nützlichkeit dieses Modells und wird wahrscheinlich in Zukunft ein ähnliches schaffen.

Der grösste Unterschied zwischen den Rechtsvorschriften der EU und der Schweiz besteht in der Durchsetzung und den Sanktionen. Die EU hat Aufsichtsbehörden benannt, Konformitätsbewertungen vorgeschrieben und strenge Sanktionen definiert, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Die Schweiz hat keine neuen Durchsetzungs- oder speziellen Sanktionsmassnahmen für KI ergriffen. Sie wird sich weiterhin primär auf die bestehenden Rechtsmittel und Aufsichtsstrukturen stützen.

Schweizer DSG

 

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) betont, dass bestehende Datenschutzregeln auch für KI gelten. Das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) verlangt von Herstellern und Anbietern, bei Entwicklung und Einsatz von KI-Systemen Transparenz über Zweck, Funktionsweise und Datenquellen sicherzustellen und die digitale Selbstbestimmung zu wahren. Betroffene müssen erkennen können, ob sie mit einer Maschine interagieren und ob ihre Daten weiterverwendet werden. Überdies haben sie das Recht, automatisierte Entscheidungen anzufechten.

KI-Anwendungen mit hohen Risiken sind nur mit geeigneten Schutzmassnahmen zulässig und erfordern eine Datenschutz-Folgenabschätzung. Systeme, die die Privatsphäre grundlegend verletzen – wie etwa Social Scoring oder flächendeckende Gesichtserkennung – sind datenschutzrechtlich verboten (EDÖB).

FINMA-Aufsichtsmitteilung 08/24

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat Richtlinien zu KI in Finanzinstituten (FINMA 08/2024) veröffentlicht. Sie geht das Thema aus einer risikobasierten Perspektive an und legt den Schwerpunkt darauf, die mit dem Einsatz von KI verbundenen Risiken zu ermitteln, zu begrenzen und zu kontrollieren.

Die FINMA stellte fest, dass sich die Finanzinstitute oft auf den Datenschutz konzentrieren, aber KI-spezifische Risiken wie Verzerrungen, mangelnde Robustheit und Erklärbarkeit der Modelle vernachlässigen, insbesondere aufgrund von dezentraler Entwicklung und unklaren Verantwortlichkeiten. Sie betont die Notwendigkeit einer starken KI-Governance, die risikobasierte Bestandsaufnahmen, eine klare Verantwortlichkeit, gründliche Tests und eine verstärkte Aufsicht über ausgelagerte Lösungen umfasst.

EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz

Im August 2024 trat das rechtlich verbindliche und umfassende KI-Gesetz der EU in Kraft . Es handelt sich dabei um eine Verordnung, die nicht in nationales Recht übertragen werden muss und die ab 2026 schrittweise mit der Mehrheit der Regeln in Kraft treten wird. Die Verordnung basiert auf einem Risiko-Rahmenkonzept, das KI-Systeme in vier Risikostufen einteilt: unannehmbar, hoch, begrenzt und gering. Für jede Risikokategorie gibt es unterschiedliche Pflichten, die von Verboten bis zu Transparenzanforderungen reichen. Systeme mit hohem Risiko, wie sie im Gesundheitswesen, im Personalwesen, in der Justiz oder in kritischen Infrastrukturen eingesetzt werden, stellen hohe Anforderungen an die Datenqualität, die Dokumentation, die menschliche Aufsicht und die Überwachung. 

Verstösse gegen das KI-Gesetz können schwere Strafen nach sich ziehen, insbesondere Geldbussen von bis zu 35 Millionen Euro oder 7% des gesamten weltweiten Jahresumsatzes. Ein weiterer erwähnenswerter Faktor: Das KI-Gesetz hat eine extraterritoriale Wirkung. Dies bedeutet, dass es für Anbieter von ausserhalb der EU gilt, wenn ihre Systeme innerhalb der EU genutzt oder vermarktet werden.

EU-Datenverordnung 

Der Finanzsektor und insbesondere die Verwendung seiner CID-Daten (Kundenidentifizierungsdaten) sind in der EU durch das EU-Datengesetz, das am 11. Januar 2024 in Kraft trat, stark reguliert.

Das Gesetz soll den Austausch und die Nutzung von Daten in der EU stärken und einen wettbewerbsfähigen Datenmarkt fördern, indem sie Daten (insbesondere Industriedaten) besser zugänglich macht, datengesteuerte Innovationen unterstützt und die Datenverfügbarkeit erhöht. Um dies zu erreichen, sorgt die Verordnung für eine gerechte Verteilung des Werts der Daten auf die Akteure. Sie definiert klar, wer welche Daten unter welchen Bedingungen nutzen darf. 

Neben der Technologie entscheidet auch das Vertrauen

Die KI bietet Banken und Fintechs enormes Potenzial – sei es als Business Enabler, auf strategischer oder auf operativer Ebene. Um es bestmöglich zu nutzen, ist ein systematisches Vorgehen unabdingbar: Ziele definieren, Schlüsselfaktoren bei der Nutzung von KI-Tools einbeziehen, zwischen Standard- und individueller Lösung entscheiden sowie die richtige Infrastruktur zu wählen, sei es ein Cloud-, ein On-Premises- oder ein hybrider Setup. 

Ein besonders wichtiger Faktor auf dem Weg zu höherer Effizienz oder mehr Wachstum dank KI ist die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben. Damit vermeiden Banken und Fintechs nicht nur einen Reputationsschaden oder finanzielle Verluste, beispielsweise infolge von Bussen. Sie schaffen vor allem eine solide Vertrauensgrundlage, um ihre Kunden auch im Zeitalter von KI erfolgreich zu betreuen.

 

Wichtiger Hinweis:
Die Informationen in diesem Text sind nicht als rechtliche Empfehlungen zu verstehen.

 

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